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Medienbeiträge zum Thema Stadion
Michael Panse bloggt

02.02.2012 | Blog
Stadiondiskussion in der nächsten Runde - Ausgang offen



Gestern Abend haben im Erfurter Stadtrat gleich sieben Fachausschüsse zum Umbau des Stadions in die Multifunktionsarena beraten. Ein 80-seitiges Konzept zum möglichen Fördermittelantrag der Stadt wurde als Drucksache vorgelegt und ein Betreiberkonzept zunächst mündlich beraten. Zahlreiche Fragen ergaben sich daraus, viele wurden beantwortet, einige sind noch offen.

Da ich heute bezüglich eines Zeitungsartikels in der gestrigen Thüringer Allgemeinen und einer aktuellen Pressemitteilung der CDU-Landtagsfraktion viele Fragen erhalten habe, möchte ich gerne hier noch einmal die Position der CDU-Stadtratsfraktion verdeutlichen. Anknüpfend an unser Flugblatt zum Thema “Ja, aber” und zum Stadtratsbeschluss vom 6. Juli 2011 bleibt festzuhalten, dass sich an beiden Positionen nichts geändert hat. Weder ich persönlich, noch die CDU-Stadtratsfraktion sind bis jetzt von dieser Linie abgerückt.

Wir haben im Stadtrat umfängliche Konzepte eingefordert. Der Stadtrat hat dies einmütig beschlossen und die Stadtverwaltung hat dies zugesagt. Die Erarbeitung der Konzepte hat sich bis zum heutigen Tag erheblich verzögert, ursprünglich waren sie für Oktober 2011 angekündigt. Wir werden die Konzepte wenn sie uns alle vorliegen prüfen und danach bewerten. Viele Forderungen sind bereits erfüllt, aber einige noch offen. Unter anderem gibt es noch kein Konzept zur Parkplatzerweiterung und Verkehrsführung (MAN-Straße). Das Betreibungskonzept steht noch nicht abschließend und ein Bebauungsplan muss noch vom Stadtrat beschlossen werden. Letzterer kann erst voraussichtlich im September beschlossen werden. Erst danach könnte eine europaweit offene Ausschreibung erfolgen, die Vergabe erfolgen und der von Minister Machnig bereits für das Frühjahr angekündigte 1. Spatenstich erfolgen. Insofern ist beim Stadionneubau eben gerade nicht “alles im Zeitplan”, wie es Herr Machnig heute in der BILD erklärte.

Da es aber darauf ankommt ein gutes, realistisches und für die nächste 25 Jahre ein erfolgreiches umsetzbares Konzept zu entwickln, ist es gut den Zeitdruck herauszunehmen und seriös zu arbeiten. Wir werden bis zum möglichen Stadtratsbeschluss die Stadtverwaltung bei einigen Dingen auffordern, entsprechend des Stadtratsbeschlusses nachzuarbeiten. Erst wenn wir die vorgelegten und eventuell nachgearbeiteten Konzepte geprüft haben, werden wir abschließend entscheiden.

Ich lasse mich von Niemanden zu einer vorschnellen Entscheidung drängen, dazu ist die Entscheidung zu wichtig und folgenreich! Ich lasse mich darüber hinaus von niemanden in eine Position hinein oder die CDU-Stadtratsfraktion in eine Ecke drängen! Die Aussage des Präsidenten des RWE in der gestrigen TA sind deshalb einer offenen Entscheidungsfindung innerhalb unserer Fraktion nicht dienlich, ich habe dies Herrn Rombach gestern bereits in einem Telefongespräch erklärt.

Und Drohungen wie “Populistische Äußerungen, die nur wahlkampfmotiviert sind, werden wir nicht dulden” erst Recht nicht. Ich hatte Herrn Rombach bereits vor zwei Wochen die Position der CDU erläutert und hatte den Eindruck, dass wir uns über den zu beschreitenden Weg damals noch einig waren.

Die Pressemitteilung der CDU-Landtagsfraktion greift aber ebenfalls bereits einem noch offenen Diskussions- und Entscheidungsprozess vor. Eine andere Finanzierungsform als über die GRW-Richtlinie hätte man endweder am Beginn des Prozesses letzten Sommer diskutieren sollen, oder man kann sie erst diskutieren wenn der jetzt geplante Weg nicht gehbar ist, also der Stadtrat diesem Fördermodell nicht zustimmt oder das Wirtschaftsministerium die Förderung ablehnt. Erstere Entscheidung fällt voraussichtlich im Stadtrat am 29. Februar, die Entscheidung des Ministeriums wohl im April oder Mai.

Die erneut vorgeschlage Variante eines gemeinsamen Stadions von Jena und Erfurt kann nur von jemanden vorgebracht werden, der die Befindlichkeiten im Umfeld der beiden Vereine nicht kennt. Auch wenn es finanzpolitisch wünschenswert wäre, ist es in beiden Städten nicht mehrheitsfähig.

Fazit - zwei Dinge sind festzuhalten:


1. Die Sanierung bzw. der Neubau des Stadions ist notwendig.

2. Die Entscheidung der CDU-Stadtratsfraktion über den Weg dazu ist noch offen.
Minister verlagern Stadionstreit auf die schriftliche Ebene


Der Streit um die Stadien wechselt in die Schriftform.
Innerhalb der Landesregierung schicken die Ressorts rege Briefwechsel hin und her.


Erfurt. Der Streit innerhalb der Landesregierung um den geplanten Bau der Stadien in Erfurt und Jena verlagert sich mehr und mehr auf die schriftliche Ebene. Höflich im Ton, doch reichlich unterkühlt werden Argumente ausgetauscht.

So haben mit Finanzminister Wolfgang Voß , Innenminister Jörg Geibert und Bauminister Christian Carius drei Ressortchefs der Unionsseite einen vierseitigen Fragenkatalog an den sozialdemokratischen Kollegen Matthias Machnig im Wirtschaftsministerium übersandt. Gefragt wird nach Marktanalysen, Förderkriterien und Folgekosten.
Machnig seinerseits schrieb bereits zurück. Er kenne die Argumente der Gegenseite, alle offenen Fragen würden geprüft, er halte sie übrigens für wenig stichhaltig und bleibe selbstverständlich gesprächsbereit. Im Übrigen habe die CDU das Thema über 20 Jahre verschleppt und solle sich nun, bitte schön, nicht querstellen.


Einige Fragen allerdings böten durchaus Anlass zu einem Konsens im Kabinett - weil es sich dabei um Fragen handelt, die keine Seite heute mit Sicherheit beantworten kann.
Das betrifft etwa das Baurecht. Für das Stadion und das Areal rundherum liegt kein Bebauungsplan vor. "Der wird gerade erstellt und erstmals im März im Rat behandelt", so eine Sprecherin der Stadt. Vermutlich nach der Sommerpause könnte er fertig sein. Anschließend könnten betroffene Bürger dagegen klagen.

Inwieweit Gerichte den Bedenken von Anwohnern folgen werden, die keine Kulturarena mit vielen tausend Plätzen in der Nachbarschaft dulden möchten, lässt sich nicht absehen. Ebensowenig wie die Zeit, die verstreicht, bis in diesen Fragen Rechtssicherheit geschaffen ist. Gewähren die Gerichte möglichen Klägern gar einstweiligen Rechtsschutz, könnte sch der Bau des Erfurter Stadions um Jahre verzögern.
Noch aber herrscht Wahlkampf. Und so sind Kompromisse nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Kaum getarnt warnen die drei Christdemokraten die Befürworter des Stadionbaus mit finanziellen Sanktionen. Ob ihnen denn klar sei, dass für eventuell notwendige Verkehrserschließungen und Parkplätze rund um das Stadion keine Straßenbaumittel zur Verfügung stehen werden.

Für das Wirtschaftsressort ist diese Haltung nur schwer nachvollziehbar. "Wenn zugleich vorgeschlagen wird, auf der grünen Wiese zwischen Erfurt und Jena ein Stadion zu bauen, würden die Erschließungskosten doch viel höher sein", so ein Behördensprecher.
Die Gemengelage bleibt verworren. Das zeigt auch die Haltung der städtischen CDU-Fraktion. Während die Landesebene sich klar gegen das Stadion positioniert, heißt es vom CDU-Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt, Michael Panse : "Wir haben uns noch nicht entschieden."


Matthias Thüsing / 04.02.12 / TA
Wirtschaftsprüfer erwarten Mehreinnahmen im neuen Stadion


Vereinsmiete, Bandenwerbung und VIP-Logen sollen allein 700.000 Euro in die Kassen einer künftigen Betreibergesellschaft spülen.

Erfurt. Wenigstens der Zuschauerschnitt in der Saison 2004/2005 hat gestimmt. Rot-Weiß Erfurt kickte eine Saison in der zweithöchsten deutschen Spielklasse mit. Sportlich blieb das Gastspiel ein Desaster: wenig Punkte, viele Gegentore und der letzter Platz in der Abschlusstabelle. Es folgte der direkte Wiederabstieg.
Positiv zu Buche schlug da nur der Zuschauerschnitt von 11.980 Fans pro Spiel. Inzwischen verlieren sich durchschnittlich nur rund 6000 Gäste im weiten Stadionrund.
Das jedoch ist deutlich zu wenig für einen wirtschaftlichen Betrieb der Sportstätte. Mehr als 1,2 Millionen Euro Verlust fuhr die städtische Betreibergesellschaft mit der inzwischen recht maroden Arena ein. Auch hier richten sich die Hoffnungen auf einen Neubau.
Schließlich würden deutlich mehr Zuschauer kommen, wenn alles schöner und moderner werde, heißt es. In Umlauf gebracht hat diese Zahlen Claus Binz, Geschäftsführer der Beratungsfirma IfS. "Der Betrieb ist auch preiswerter, da mit einem neuen Stadion sehr viel mehr Einnahmen erzielt werden", so seine Prognose. Der Verein Rot-Weiß Erfurt müsse allerdings marktgerechte Preise für die Nutzung zahlen.
Und die dürften - gemessen an der Höhe der derzeitigen Überweisungen - gesalzen ausfallen. Im abgelaufenen Jahr zahlte Rot-Weiß Erfurt für die Nutzung des Stadions lediglich 58.707,95 Euro. In einem neuen Stadion wird mit 450.000 Euro für insgesamt 20 Spiele kalkuliert. Hinzu kämen Einnahmen aus der Vermietung von Logen in erwarteter Höhe von 73.000 Euro pro Jahr sowie den Werbeflächen im Stadion. Für letzteres sollen 180.000 Euro pro Jahr erlöst werden können.
Was diese Zahlen wert sind, bleibt abzuwarten. Im vergangenen Jahr wurden jedenfalls nur 375 Euro mit der Bandenwerbung erlöst.
Angesichts solcher Diskrepanzen wächst die Verunsicherung unter den Stadtratsmitgliedern. "Wir stehen der Multifunktionsarena sehr skeptisch gegenüber", sagt Dirk Adams , Grünenpolitiker aus Erfurt. Es müsse unbedingt verhindert werden, das sich die Stadt mit dem Stadion für die kommenden 25 Jahre millionenschwere Verpflichtungen aufbürde.
Noch liegen nicht alle Berechnungen auf dem Tisch der Fraktionen im Stadtrat. "Erst dann werden wir entscheiden", betont Adams.
Ähnlich argumentiert auch der CDU-Ratsherr und Oberbürgermeisterkandidat Jens Panse. "Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich für den Bau der Multifunktionsarena bin oder dagegen", erklärte er gegenüber unserer Zeitung. Auch er will seine Zustimmung von der Schlüssigkeit und Vollständigkeit der eingereichten Gutachten abhängig machen.
Ein neues Gutachten hat dieser Tage die Wirtschaftsberatung "Ernst und Young" den Erfurter Ratsherren und -damen vorgestellt. Die Wirtschaftsprüfer hatten den Auftrag, die beste Gesellschaftsform für eine künftige Betreibergesellschaft zu ermitteln. Vorgeschlagen wird dabei die Gründung einer Betreibergesellschaft, an der die Stadt mit 51 und ein privater Investor mit 49 Prozent beteiligt sein werden.
Diese Gesellschaft würde das Stadion an Rot-Weiß, die Stadt, Kongressveranstalter oder gewerbliche Drittnutzer vermieten. Auf diese Weise ließe sich der städtische Zuschussbedarf deutlich reduzieren.
Rot-Weiß Erfurt hält die genannten Zahlen für darstellbar. "Wir haben auch gerechnet", sagt Vereinspräsident Rolf Rombach. Über das erwartete Zuschauerplus und höhere Eintrittspreise würde sich die Miete im neuen Stadion selbst in der dritten Liga rechnen.

Matthias Thüsing / 09.02.12 / TA
Südeinfahrt des Erfurter Steigerwaldstadions Mittelpunkt der Planungen


Wenn der Stadtrat am 29. Februar erneut über das Stadion berät, spielen auch die Interessen der Anwohner eine Rolle. Denn höhere Verkehrsbelastung wird befürchtet. Der Lärmschutz soll mit dervUmgestaltung verbessert werden.

Erfurt. Während der Vorbereitungen für den geplanten Stadionumbau ist auch die Südeinfahrt wieder in den Fokus gerückt. "Zum ersten Mal sind mit dem Nachtragshaushalt für das laufende Jahr Mittel eingestellt worden, die in die Vorplanung fließen", sagt Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD). Wann die Bagger anrollen und wie viele Millionen Euro die Stadt für das Projekt ausgeben muss, ist jedoch weiter unklar.
Zunächst geht es nach Auskunft von Gerhard Glanz, Leiter des Tiefbau- und Verkehrsamtes, um das Anschieben des Planungsprozesses - 20.000 Euro sind dafür vorgesehen. Eine Vorzugsvariante gibt es bereits: Der Verkehr soll nicht mehr über die Martin-Andersen-Nexö-Straße rollen, sondern über die Arndtstraße und einen Kreisel umgeleitet werden.
Die Südeinfahrt und die damit verbundenen Belastungen für das Wohnviertel zählen zu den Dauerthemen der Kommunalpolitik. Gerold Grove aus dem Vorstand der Bürgerinteressen-Vertretung urteilt: "Weder verkehrstechnisch noch ästhetisch entspricht die Südeinfahrt den Anforderungen an eine moderne Stadt." Dessen ist sich der Oberbürgermeister bewusst: "Erfurt ist so eine schöne Stadt, aber wenn jemand zum ersten Mal über die Südeinfahrt hineinkommt, kann er schon einen Schreck bekommen."
Die Anwohner fürchten nach Groves Worten, dass nach der Umgestaltung des Stadions die Verkehrsbelastung steigt. Sie leiden jetzt schon darunter, dass Stadionbesucher in Seitenstraßen Parkplätze suchen.

An Alternativen mangelt es indes nicht: Über zwei Straßenbahntrassen werden die Gäste vom Bahnhof zur Sportstätte und wieder zurück befördert. Die Stadt strebt in der neuen Multifunktionsarena 120 Veranstaltungen jährlich an. Das ergibt bei 260.000 Besuchern im Jahr je Veranstaltung knapp 2200 Gäste. Zwischen 10.000 und mehr als 21.000 Besucher können es an Spitzentagen sein. Die Erfurter Verkehrsbetriebe würden unter anderem mit Verdichtungsfahrten, Umleitungen und dem Einsatz von Großzügen reagieren. Zur Entlastung sollen auch die Park-&-Ride-Parkplätze beitragen. Die Stadt plant nach Auskunft einer Sprecherin außerdem ein "Anwohner-Schutzkonzept". Das Aufstocken der Parkplätze allein - rund 1500 sind grundsätzlich verfügbar - zieht jedoch möglicherweise ein anderes Problem nach sich: Je mehr Stellplätze es gibt, desto mehr Autofahrer steuern das Stadion an, hieß es von den Stadtplanern.
Die Unterlagen zum Umbau trudeln derzeit nach und nach bei den Fraktionen ein. Oberbürgermeister Andreas Bausewein sagte gestern, das Betreiberkonzept liege ihm mittlerweile vor und gehe knapp zwei Wochen vor der Stadtratssitzung am 29. Februar auch an die Fraktionen.
Bis die Stadträte über die Südeinfahrt beraten, wird hingegen noch mehr Zeit vergehen.

Das Umfeld der neuen Arena

* Die Bürgerinitiative zur südlichen Einfahrt wurde schon 1990 gegründet.
* Als Vorzugsvariante gilt die Umleitung des Verkehrs über die Arndtstraße hinter den Tennisplätzen und der Lingel-Brache sowie einen Kreisverkehr.
* Im Umfeld des Stadions sind 1500 Parkplätze verfügbar, ohne die Stellplätze der Anwohner.
* Die Stadt plant ein "Anwohner-Schutzkonzept".
* Mit dem Neubau soll auch der Lärmschutz verbessert werden.

Ulrike Hendan / 10.02.12 / TA
Neues Gesicht für das Erfurter Stadionumfeld


Die marode, seit zehn Jahren geschlossene Schalenhalle soll im Zuge des Stadionumbaus abgerissen werden. Das millionenschweres Bauvorhaben beeinflusst den städtebaulichen Charakter des Gebietes rund um Schwimm- und Eishalle.

Löbervorstadt. Kein anderes Thema teilt die Erfurter gegenwärtig so sehr in zwei Lager wie der Stadionumbau. Befürworter der 29 Millionen Euro teuren Multifunktionsarena drängen auf einen zügigen Baubeginn. Gegner wie die Freien Wähler halten das neue Stadion für überdimensioniert und sprechen von Schönrechnerei.
Schon jetzt ist klar, dass während des Umbaus nicht nur neue Tribünen entstehen sollen. Vorgesehen ist, dass auch die seit zehn Jahren geschlossene, heruntergekommene Schalenhalle neben dem Schwimmbad abgerissen wird. Sie galt als Schandfleck für das Viertel am Landtag. Nach Jahren des Verfalls soll sie einer Nebenanlage unter anderem für Leichtathletik weichen. Der geschotterte Parkplatz an der Thüringenhalle erhält außerdem eine Asphaltdecke - aus Sicherheitsgründen bei konfliktträchtigen Fußballspielen.
Die Osttribüne des Stadions und ihre Innenräume werden als künftige Haupttribüne all jene Veranstaltungen beherbergen, die wegen der Förderrichtlinien unabdingbar sind: Tagungen, Kongresse, Produktmessen, private und betriebliche Feierstunden. Wie die neue Arena und ihr direktes Umfeld ausgestaltet sein werden, bleibt dabei ein Stück weit den Planungs- und Bauunternehmen überlassen. "Wir wollen die Ideen vorher nicht zu stark einschränken", sagte der Koordinator der städtischen Arbeitsgruppe, Frank Schmitt.
Eine Verbesserung im Vergleich zum 80 Jahre alten Steigerwaldstadion stellt er für die Anwohner in Aussicht: Aus dem neuen Stadion wird ihm zufolge weniger Lärm seitlich nach außen dringen. Die Stadt will in der europaweiten Ausschreibung entsprechende Vorgaben machen.

Noch kann die Suche nach einem Totalunternehmer, der den Umbau zugleich plant und verwirklicht, aber nicht beginnen: Der Stadtrat muss am 29. Februar zustimmen. Erst danach, das heißt im März, kann die Stadt den offiziellen Förderantrag abschicken. Gibt es dann auch noch grünes Licht von Wirtschaftsministerium und Thüringer Aufbaubank, kann die Ausschreibung starten. Der erste Spatenstich für die noch namenlose Arena ist in diesem Jahr geplant.

"Eine Option ist, das technische Gebäudemanagement - nach dem Vorbild der Riethsporthalle - auf den Totalunternehmer zu übertragen", berichtete Alexander Hilge vom Beteiligungsmanagement der Stadt. Der Vorteil: Wer ein so großes Projekt plant, umsetzt und hinterher über Jahre pflegen muss, geht beim Bau möglicherweise mit besonderer Sorgfalt vor.
In den nächsten Monaten soll auch ein Unternehmer gefunden werden, der in die noch zu gründende Betreiberfirma einsteigt. Er soll schon den Bau begleiten. Die künftige private Betreibergesellschaft hat insbesondere die Aufgabe, die Arena zu vermarkten. Dieser Prozess könne nicht erst dann anlaufen, wenn die Arena fertig ist, heißt es aus der Stadtverwaltung. Hilge hat Zahlen dazu auf dem Tisch: So soll der Jahresumsatz im neuen Stadion nach Berechnungen von Wirtschaftsprüfern bei knapp 1,8 Millionen Euro liegen. "Das ist nicht unrealistisch", betonte er.
Kritik hatte es zuletzt daran gegeben, dass der Fußballverein Rot-Weiß Erfurt einen mittleren sechsstelligen Betrag Stadionmiete zahlen soll. Diese Summen sind laut Hilge allerdings auch in anderen Drittliga-Stadien durchaus üblich.

Ulrike Hendan / 16.02.12 / TA
Vor 80 Jahren wollte Erfurt ein Stadion



Zu einer Landeshauptstadt gehört ein modernes Stadion. So ähnlich sah man das auch in den 1920er-Jahren. Acht Jahrzehnte später sind ähnliche Pläne wieder in den Schlagzeilen.

Erfurt. 1931 wurde in Erfurt unter großer medialer Anteilnahme die "Mitteldeutsche Kampfbahn" eingeweiht, das heutige Steigerwaldstadion. Ein Jahrhundertprojekt, das der Stadt wichtige Impulse verleihen wird, so der Grundtenor in der Presse.
Die Pläne hierfür reichten bis in die frühen 1920er-Jahre zurück. Gerade in der schwierigen Zeit nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg wollte Erfurt seine Rolle als alte Metropole und damals noch "heimliche Hauptstadt" Thüringens oder sogar Mitteldeutschlands untermauern. Trotz aller Zerstrittenheit der politischen Lager und Parteien während der Weimarer Republik war man sich hierüber in Erfurt einig. Niemand wollte dieses wichtige Infrastrukturprojekt durch parteipolitisches Kalkül gefährden. Überhaupt spielte der Städtebau im Erfurt der 1920er-Jahre eine große Rolle. Er gehört mit zur Aufbruchstimmung der "Goldenen Zwanziger". Weitere Großprojekte wie der Nordpark mit dem jüngst sanierten Nordbad (1925/29), der Flughafen am Roten Berg (1925) und eine Reihe von öffentlichen Bauten im Bauhausstil prägen ebenso das Stadtbild wie die modernen Wohnungsbaukomplexe etwa im Hanse-Viertel.
Herzstück dieser selbstbewussten Metropole sollte das Areal rund um das neue Stadion werden. Geplant war noch eine moderne Stadthalle direkt neben der Sportanlage. Damit wäre, wie man heute wohl sagen würde, ein Multifunktionskomplex entstanden. Die Weltwirtschaftskrise machte allerdings den Planern einen Strich durch die Rechnung.

Acht Jahrzehnte später sind ähnliche Pläne wieder in den Schlagzeilen. Das betagte Stadion soll zur Multifunktionsarena umgebaut werden. Besonders engagieren sich hierfür Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein und Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig (beide SPD).
Sicher kann eine solche Arena die thüringische Metropole im Wettstreit der großen Städte Mitteldeutschlands wieder voran bringen. Einem notdürftig sanierten Stadion, das kaum über den Standard der 1930er-Jahre hinaus reicht, dürfte das wohl kaum gelingen.
Ein Scheitern der Arena-Pläne würde Erfurt und Thüringen wohl weiter zurückwerfen, da Leipzig, Dresden, Halle, Magdeburg und bald auch Chemnitz über neue Arenen verfügen.

Steffen Raßloff / 17.02.12 / TA
Petra Pelke im Jenapolis 09.02.2012

Pelke: „Stadionneubau in Erfurt wird von guten Zahlen untermauert“

Jena. Birgit Pelke, die sportpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, freut sich über die Ergebnisse zweier Studien, die im Rahmen des Neubaus des Erfurter Stadions in Auftrag gegeben wurden. Der Grund: Die Wirtschaftsprüfer erwarten deutliche Mehreinnahmen.

Laut dem Gutachten der Beratungsfirma IfS, würden mehr Zuschauer in ein neues und modernes Stadion kommen. „Das würde den Vereinen höhere Einnahmen bescheren“, so Pelke. Zum anderen würden die Kosten der Landeshauptstadt laut dem Gutachten reduziert, wenn eine entsprechende Betreibergesellschaft gegründet wird, die die Multifunktionsarena an Veranstalter und den Fußball-Drittligisten Rot-Weiß Erfurt verpachtet. „Damit ist auch der Vorwurf der CDU der Schönrechnerei im Bezug auf den Stadionneubau absolut haltlos“, so Pelke. Der Stadionneubau werde von guten Zahlen untermauert.

„Die Union sollte jetzt besser konstruktiv an Zukunftsinvestitionen mitarbeiten, statt sich ständig in neuen Vorwürfen zu verstricken“, so die Politikerin.

„Die Impulsregion Thüringen mit Erfurt, Weimar und Jena wird in hohem Maße von der Umgestaltung seiner Stadien profitieren, davon bin ich überzeugt“, meint die Abgeordnete. Viele Sportfans in Erfurt hätten seit langem auf die jetzt angekündigte Umgestaltung gewartet.

„Damit zeigt sich“, so Pelke, die in Erfurt auch ehrenamtliche Vorsitzende des Stadtsportbundes Erfurt ist, „dass in Thüringen eine
umfassende Unterstützung sowohl für den Breiten- als auch für den Spitzensport gewährleistet ist.“

Stadionpläne harren der Überprüfung im Erfurter Stadtrat



Manche Fraktionen äußern sich optimistisch, andere zurückhaltend oder sogar mit offener Skepsis zu dem Vorhaben in der Löbervorstadt. Unsere Zeitung lädt am Donnerstag ab 20 Uhr zu einer Diskussion um die geplanten Multifunktionsarenen für Erfurt und Jena ein.

Erfurt. Unvermeidlich rückt die Abstimmung im Stadtrat über das Betreiber- und Nutzungskonzept sowie den Förderantrag für die geplante Multifunktionsarena näher. Die ehrenamtlichen Politiker sollen dem 29-Millionen-Euro-Projekt am kommenden Mittwoch ihren Segen geben. Unsere Zeitung hat aus diesem Anlass bei den Fraktionen nachgefragt, wie sie zu den konkreten Plänen stehen (siehe Übersicht unten).
Die Kriterien für die hohe Förderung des Bauvorhabens sind streng. Der städtische Eigenanteil wird mit höchstens 4,8 Millionen Euro beziffert, heißt es im Ratsbeschluss zum Stadionumbau vom 6. Juli 2011. Die restlichen Summen fließen aus anderen Töpfen.
Im Fördermittelantrag finden sich daher folgende Bedingungen wieder, die für 25 Jahre gelten sollen: Mehr als die Hälfte der Besucher in der Mehrzweck-Arena müssen Touristen sein, ihren Wohnsitz also mindestens 30 Kilometer von Erfurt entfernt haben. Der Anteil der nichtsportlichen Angebote sollte nennenswert sein. Bereits in den ersten drei Jahren nach der Eröffnung wird im Nutzungskonzept von 85 solcher kulturellen, wirtschaftlichen oder rein privaten Veranstaltungen ausgegangen.
An Umbau und Erweiterung der mehr als 80 Jahre alten Sportstätte im Süden sind große Hoffnungen geknüpft: "Alle Stadionneubauten der vergangenen 10 Jahre haben gezeigt, dass ein modernes Stadion einen deutlichen Zuschauerzuwachs bringt, der vom sportlichen Erfolg unabhängig ist", heißt es im Fördermittelantrag. Das Umfeld soll aufgewertet, dem Fußballverein Rot-Weiß Erfurt mit einem modernen Stadion eine Zukunft in der dritten oder sogar in der zweiten Bundesliga gesichert werden.

Die Skepsis in einigen Fraktionen ist dennoch groß, eine Ausschusssitzung soll heute die letzten Fragen klären helfen.
Mit den Stadionplänen befasst sich auch die Reihe "TA-Kontrovers". Am Donnerstag ab 20 Uhr treffen SPD-Oberbürgermeister Andreas Bausewein , sein Herausforderer Michael Panse (CDU), SPD-Wirtschaftsminister Matthias Machnig und der Vorsitzende des CDU-Arbeitskreises Sport, Andreas Trautvetter , aufeinander. Interessierte Gäste sind nach telefonischer Anmeldung willkommen.
Debatte zum Thema:
23. Februar, ab 20 Uhr, Haus Dacheröden, Anger 37/38; Eintritt frei

Das Servicetelefon, erreichbar unter (0361) 2 27 56 56, ist ab 10 Uhr besetzt.

Ulrike Hendan / 23.02.12 / TA


Erfurter Politiker antworten

Befürworten Sie den gegenwärtig geplanten Umbau des Steigerwald-stadions in eine Multifunktionsarena für rund 29 Millionen Euro?


Frank Warnecke (46) Fraktionsführer der SPD: Ja! Die SPD-Fraktion begleitet positiv unterstützend den Umbau des alten Steigerwaldstadion zu einer modernen zukunftsfähigen Multifunktionsarena. Es muss sichergestellt werden, dass durch eine externe Betreibergesellschaft der Umbau zu einem Festpreis vereinbart wird und somit der Stadt außer dem Mitleistungsanteil keine Mehrkosten entstehen können.

Michael Panse (45) Fraktionschef der CDU: Die Aussage der CDU war es bei den letzten Kommunalwahlen und auch im vergangenen Sommer, dass wir die grundlegende Sanierung, den Neubau befürworten. Für uns ist maßgeblich, dass wir damals den Stadtratsbeschluss für die Multifunktionsarena mitgetragen haben. Wir beharren allerdings auf den darin festgelegten Rahmenbedingungen.

André Blechschmidt (55) Linke-Fraktionsführer: Die Linke tritt für eine moderne und attraktive Sportstätte an der heutigen Stelle ein. Die Pläne des Oberbürgermeisters sind eine mögliche Variante. Schwächen, Mängel und Risiken müssen ausgeräumt sowie Alternativen geprüft werden. Wir wissen um die Fragen der Menschen, gerade im Wohnumfeld, die wir beantwortet haben wollen, um mit einem Bürgervotum eine Entscheidung über diese Vorschläge zu treffen.

Kathrin Hoyer (47) Fraktionschefin Grüne: Wir wollen ein qualitativ gutes Stadion, das aufgrund eines modernen Energiekonzeptes die Betriebskosten langfristig überschaubar hält. Allerdings stehen wir den aktuellen Planungen skeptisch gegenüber, weil wir dort kein Kongresszentrum wollen. Das Rückzahlungsrisiko der Fördermittel ist eine schwere Hypothek. Die Konditionen werden noch unwirtschaftlicher, u. a. durch Finanzkrisen, Klimawandel, Peak Oil.

Ingeborg Aßmann (70) Fraktionsvorsitzende Freie Wähler: Die Freien Wähler befürworten auch jetzt den millionenschweren Umbau nicht, da sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben haben und die Berechnungen zum Betreiberkonzept und die Schätzungen zu Einnahmen unrealistisch sind. Letztendlich müssen die Bürger die Zeche zahlen. Erfurt braucht ein modernes Stadion und bessere Bedingungen für Leichtathletik. Möglichkeiten für kulturelle Veranstaltungen gibt es genug.

Thomas Kemmerich (47) Fraktionschef der FDP: Ja, ich befürworte ausdrücklich den Umbau des Steigerwaldstadions. Eine Landeshauptstadt braucht eine moderne Arena, die multifunktional genutzt werden kann. Andere Städte dienen als Vorbild: Ein Projekt in dieser Größenordnung kann gestemmt werden. Als Stadtrat und Kommunalpolitiker kann ich diese einmalige Chance nur begrüßen!

Welche Alternativegibt es aus Ihrer Sichtzu den derzeit diskutierten Plänen ?

Warnecke: Wünsche wie eine reine Fußballarena gibt es viele, aber keine realistische Alternative. Es ist seit 20 Jahren die beste Förderung, die uns angetragen wurde; alleine können wir weder Sanierung noch Neubau bezahlen. Wir sollten die Chance ergreifen, um Erfurt als Sportstadt auszubauen - insbesondere für Leichtathletik und Fußball. Kommt die Arena nicht, ist unklar, ob wir künftig noch eine solche Sportstätte haben.

Panse: Momentan gibt es aus unserer Sicht keine Alternative zu dem laufenden Verfahren. Ein anderer Vorschlag käme für uns nur dann in Frage, wenn sich der Beschluss nach dem gegenwärtigen Stand der Planungen und zu den vorgeschlagenen Bedingungen als nicht umsetzbar erweist. Das wäre dann der Fall, wenn sich keine Mehrheit im Stadtrat fände oder es keine Zusage für die Fördermittel gäbe.

Blechschmidt: Alternativen gibt es aus unserer Sicht zu Finanzierung, Nutzung und Betreiberkonzept. So steht die Frage über die Verwendung finanzieller Mittel der Europäischen Investitionsbank im Raum, die zinsgünstig ausgereicht werden können. Dabei würde das Nutzungsrisiko von 120 Veranstaltungen mit über 50 Prozent Touristen entfallen. Auch mögliche Rückforderungen wären für Betreibergruppe und Stadt ausgeschlossen.

Hoyer: Eine Alternative wäre eine Sanierung des Steigerwaldstadions. Leider gibt es dafür momentan keine belastbare Variante. Für eine angemessene Entscheidungsfindung durch die Stadträte fehlt eine ehrliche Grundlage, was dabei auf die Stadt zukommen würde - hier stehen nur grobe Kosten im Raum. Klug wäre es gewesen, wenn neben dem o. g. Konzept auch eines für die Sanierung des Steigerwaldstadions vorläge.

Aßmann: Das Stadion sollte nach modernen Gesichtspunkten saniert werden, insbesondere die sanitären Anlagen unter Beibehaltung vorhandener Strukturen wie der Rasenheizung. Die Kosten für die Sanierung werden zu hoch eingeschätzt, der Eigenanteil bei der Förderung zu niedrig. Die Kosten werden ohnehin deutlich höher liegen, wie bei allen Großprojekten. Die Messe könnte bei Bedarf ausgebaut und erweitert werden.

Kemmrich: Aus meiner Sicht gibt es in der jetzigen Situation keine bessere Lösung für das Steigerwaldstadion und für die Stadt.

Wie bewerten Sie die vorgelegten Zahlen zum Betrieb, Zuschauerandrang und zur Finanzierung der künftigen Multifunktionsarena ?

Warnecke: Bereits heute zahlt die Stadt für das alte Stadion jedes Jahr einen siebenstelligen Zuschuss. Dies ist die rote Linie, die nicht überschritten werden darf. Unseres Erachtens sind die Konzepte sorgfältig erarbeitet worden, wir halten die Prämissen für realistisch. Es wird letztlich von der Betreibergesellschaft abhängen, wie sie es schafft, nicht-sportliche Veranstaltungen zu organisieren. Wenn ich mir die steigenden Umsatzzahlen der Tourismusgesellschaft anschaue, ist mir auch nicht bange, dass es geschafft wird, die Vorgaben umzusetzen.

Panse: Die vorgelegten Zahlen halte ich für sehr euphorisch-optimistisch geschätzt. Momentan geht das Betreiberkonzept davon aus, dass es sich rechnen muss. Ich sehe dabei allerdings die Gefahr, dass die Enttäuschung später groß ist, wenn die angenommenen Zahlen dann doch nicht eintreten. Aus unserer Sicht ist die Geschichte daher unsicher.

Blechschmidt: Vieles in dem Konzept ist gut. Dennoch - und das haben die Anhörung und die Diskussion gezeigt - sind entweder sehr optimistische Prognosen vorgenommen worden oder Fragen nach genauer zu beschreibenden Risiken nicht beantwortet. Dazu gehören mögliche Rückzahlungen und die Kontrollmechanismen der Bewertung der Einhaltung der Fördervoraussetzungen. Daher haben wir den Oberbürgermeister unabhängig von der Prüfung alternativer Modelle aufgefordert, eine Ausfallbürgschaft seitens der Landesregierung zu erreichen.

Hoyer: Der Vergleich mit Mainz ist riskant, und der Konkurrenzsituation zwischen den identischen Anlagen in Jena und Erfurt wird zu wenig Raum beigemessen. Die Aussage, hier müsse das bessere Betreiberkonzept zeigen, welche Arena besser ausgelastet wird, ist zynisch vor dem Hintergrund von mindestens 50 Millionen Euro an Steuermitteln, die in beide Arenen investiert werden. Kritisch sehen wir unter anderem auch die vorgelegten Zahlen zur Bandenwerbung, zu Vermarktungsrechten und Pachteinnahmen des RWE.

Aßmann: Die geplante Arena wird trotz Fördermittel viel zu teuer, ist überdimensioniert, die Betreiberkosten werden unbezahlbar sein, da das Konzept mit angeblich hohen Einnahmen nicht stimmig ist und andere Stätten (z. B. Messe, Hotels, Kaisersaal) weniger Besucher haben werden. Die Förderung ist an kaum einhaltbare Vorgaben gebunden - und das für 25 Jahre! Die veranschlagten Zuschauerzahlen für RWE-Spiele sind zu hoch eingeschätzt, derzeit maximal 8000. Künftige Betreiberkosten werden herunter- und Einnahmen schöngerechnet.

Kemmrich: Die Zahlen erscheinen plausibel, denn sie wurden mit deutlichen Abschlägen zu Vergleichsprojekten in Mainz und Offenbach berechnet. Ich glaube, dass sich eine Multifunktionsarena in Erfurt rechnet. Das Betreiberkonzept macht einen vernünftigen, patenten Eindruck. Im Moment gibt es aus Sicht der Stadt keine bessere Alternative, um auch in Zukunft ein Stadion zu bieten, das in ordentlichem Zustand vielfältig genutzt werden kann.

Welche Fragen sind für Sie noch ungeklärt?

Warnecke: Das Betreiberkonzept wird in einer Sonderausschusssitzung vorgestellt. Hier können sich durchaus neue Fragen ergeben. Zum anderen haben wir als SPD-Fraktion extra Haushaltsmittel für die Martin-Andersen-Nexö-Straße/Südeinfahrt bereitgestellt. Es sollte unstrittig sein, dass im Rahmen des Stadionumbaues die Südeinfahrt der Landeshauptstadt gleichzeitig mit neu hergerichtet werden muss. In diesem Zuge muss auch ein Parkraumkonzept für Veranstaltungen vorgelegt werden.

Panse: Zwei Sachen sind aus unserer Sicht besonders dringend: Erstens werden ein Anwohner- und Umfeldkonzept sowie ein Parkplatzkonzept benötigt. Die am Steigerwaldstadion vorhandenen Stellflächen müssten erweitert werden, denn sonst ist es nicht glaubhaft, von deutlich mehr Veranstaltungen und höheren Besucherzahlen auszugehen. Zweiter Punkt: die Südeinfahrt. Jeder weiß, dass sie gemacht werden muss. Außerdem fehlen noch detaillierte Pläne für die Wege im Bereich Südpark sowie für die Straße hinter dem Stadion, die Mozartallee.

Blechschmidt: Das Problem der Multifunktionsarena ist weniger die Errichtung als der Betrieb. Es gibt mehrere schon oben angesprochene Risikopunkte - mögliche Rückforderung, umfangreiche Umfeldgestaltung, die mögliche Konkurrenz mit der Multifunktionsarena Jena, der Messe und weiterer Erfurter (kommunaler) Einrichtungen. Eine Rückzahlungsforderung wäre eine Katastrophe für alle, die in irgendeiner Weise am städtischen Haushalt hängen.

Hoyer: Offen ist die Frage der verkehrlichen Anbindung bei größeren Veranstaltungen. Viele auswärtige Besucher reisen leider noch mit dem eigenen Pkw an, statt die Bahn zu nutzen. Damit erzeugen sie Verkehrschaos und Lärmbelästigung für die genervten Anwohner. Auch aus der Finanzierung und Betreibung sind noch ziemlich viele Fragen offen. Wir versuchen, diese in der Sondersitzung der Ausschüsse am Donnerstag zu klären. Eine endgültige Meinung zum vorgelegten Antrag werden wir uns in der Fraktionssitzung am Montagabend bilden.
Aßmann: Ungeklärt sind bislang: Belästigung der Anwohner besonders bei Großveranstaltungen (unter anderem unzureichende Zu- und Abfahrtswege, fehlende Parkplätze und Lärmschutz) sowie die noch nicht genannten Kosten für die Verbesserung der Infrastruktur. Ungeklärt ist auch die Nutzung durch andere Sportler und Vereine. Folgende Fragen bleiben unbeantwort: Auswirkungen auf die Innenstadt - und das geplante Kongresszentrum am Bahnhof.

Kemmrich: Ungeklärt sind für mich Detailfragen, die sich auf Baubeginn, Fortsetzung des laufenden Spielbetriebs und Stadionumfeld beziehen. Aber das sind alles Fragen, die im Sinne eines integrierten Konzeptes beantwortet werden können. Ob die gewählte Art der Finanzierungsrichtung passt, darüber lässt sich streiten. Die FDP-Fraktion im Landtag hat allein für den Haushalt 2012 Einsparvorschläge über 158 Millionen Euro gemacht. Das Land ist also grundsätzlich in der Lage, sich angemessen an den Stadien in Erfurt und Jena zu beteiligen.

Versetzen Sie sich bitte in das Jahr 2022. Wie stellt sich die Situation im und rund um das Stadion bzw. die Multifunktionsarena dar ?

Warnecke: Im Rahmen der Buga wurde durch das bürgerschaftliche Engagement der an die Bosch-Solar-Arena angrenzende Süd-Park neu hergerichtet. Nach anfänglichen Holprigkeiten haben die Erfurter "ihr Stadion" angenommen, ins Herz geschlossen und feiern dort auch ihre Feste. Besonders beliebt sind im Sommer Open-Air-Kinoabende mit gemeinschaftlichem Picknick auf dem Rasen. Rot-Weiß Erfurt spielt in der 2. Bundesliga.

Panse: Ich hoffe, dass die neue Multifunktionsarena allen Ansprüchen gerecht wird. Im Jahr 2022 wird nicht einmal die Hälfte der Zweckbindungsfrist für die Fördermittel vergangen sein, die ja 25 Jahre beträgt. Rot-Weiß Erfurt spielt außerdem in der 2. Bundesliga. Und der Stadtkämmerer stellt hoffentlich jährlich fest, dass durch die Arena keine unerwarteten Zuschussbedarfe zu Lasten des Haushaltes entstanden sind.

Blechschmidt: Die "(Wahl-)Kampfarena" ist in baulich hervorragendem Zustand. Sportliche und kulturelle Angebote werden von Jung und Alt, von Freizeit-, Breiten- sowie Behindertensportlern angenommen, einschließlich Fußball (die 10. Saison des RWE in der 2. Liga). Ich sehe zufriedene Menschen im Umfeld der Stätte. Bei den Vorbereitungswettkämpfen der Leichtathleten für die Olympiade 2024 stehen Erfurter auf dem Siegerpodest.

Hoyer: Erfurt hat die Einwohnerzahl von 230.000 überschritten. Junge Familien leben lieber in der Stadt in Reichweite von Bus und Bahn. Die Lingel-Fläche ist zum bevorzugten Wohnstandort geworden, da die Stadteinfahrt einspurig und wenig befahren ist. Der P&R-Parkplatz wird zum Spielplatz. Fußballspiele finden in den Sommermonaten statt, die Rasenheizung zählt zu technischen Ku-riositäten für Touristen.

Aßmann: Beim Bau einer Multifunktionsarena wahrscheinlich so oder ähnlich wie heute: fehlende Parkplätze, genervte Anwohner und lange Autoschlangen, städtebaulicher Missstand der "Lingelfläche". Wir favorisieren ein modernes Steigerwald-"Sport"-stadion, wo Platz für Fußball, Leichtathletik, Breitensport und Nachwuchsförderung ist.

Kemmrich: Wenn ich mir diese Situation vorstelle, sehe ich eine vernünftig gelöste Süd-Einfahrt, von der auch die Buga-Besucher profitieren, da eine odentliche Park-and-ride-Möglichkeit geschaffen wurde. Ich bin mir sicher, das man für das Umfeld Lösungen findet, von denen Erfurter und Besucher Nutzen und Mehrwert haben. Außerdem sehe ich mich in der ersten Reihe, wenn U2 ihren ersten großen Auftritt hier geben.

TA: Erfurter Sportgrößen sprechen sich für Stadionneubau aus
Braucht Thüringen zwei neue Stadien ?



Thüringen Kontrovers: Die millionenschwere Sanierung der Sportanlagen hat die Auseinandersetzung um eine weitere Verschuldung in Erfurt und Jena neu entfacht.


Dietmar Grosser: Brauchen wir wirklich zwei neue Stadien in Thüringen?

Matthias Machnig : Thüringen braucht moderne Infrastruktur im Sport wie in der Kultur. Seit Jahren wird über das Stadion diskutiert, die Entscheidung immer wieder vertagt. Erfurt hat ein Defizit an Veranstaltungsflächen im Bereich von 50 bis 2000 Besuchern. In Jena fallen Hotelkapzitäten weg. Wir schaffen nun eine Veranstaltungsfläche für 1000 Menschen. Wir müssen aufhören, wichtige Infrastrukturprojekte zu überpolitisieren. Da wird behauptet, die Mittel würden dem Straßenbau weggenommen. Das ist falsch.

Andreas Bausewein : Die Frage ist nicht, ob wir sanieren, sondern nur noch wann. Ich weiß nicht, wo ich in drei Jahren noch 30 Millionen Euro herkriegen sollte.

Michael Panse : Die Forderung nach einem sanierten Stadion ist berechtigt. Die Frage der Finanzierung unterscheidet uns. Der richtige Weg wären Sportfördermittel. Was für Erfurt geplant wird, legt den Schwerpunkt auf Tagungsmöglichkeiten, Erfurt aber hat diese. Wir müssen ausschließen, dass wir später mit Rückforderungen des Fördermittelgebers konfrontiert sind.

Matthias Machnig : Es ist legitim Fragen zu stellen. Aber merkwürdig ist, dass die CDU erst kurz vor der Wahl sagte: Das geht so nicht. Dabei haben wir das Konzept schon am 2. Mai 2011 vorgestellt. Ich sage Ihnen: Ärgern sie sich ruhig, aber arbeiten Sie mit mir zusammen.

Michael Panse : Wirtschaftsminister kommen und gehen. Mit dem Stadion aber leben wir für 25 Jahre.

Dietmar Grosser: Die CDU im Land hat Bedenken. Warum?

Andreas Trautvetter : Es macht keinen Sinn, die Stadien nur wegen der Förderung als Kongresszentrum zu bauen. Die Entscheidung muss strategisch sein. In Erfurt wird 2017 der ICE-Knoten fertig. Wie wird die Bahnhofsumgebung entwickelt? Ein Tagungszentrum bietet sich an. Ich bin dafür, dass die Vereine angemessene Stadien erhalten. Für Mittelmaß wird im Spitzensport aber keine Geld ausgegeben.

Andreas Bausewein : ICE-Knoten und Stadionumbau schließen sich nicht aus.

Matthias Machnig : Debatte über Stadionumbau im Erfurter Haus DViele Mittel für Oberhof sind nicht aus der Sportförderung. Eine Bobbahn wird sich nie tragen, weil sie nur wenige Wochen im Jahr genutzt wird. Bei der Arena besteht die Chance der ganzjährigen Vermarktung. Darum dürfen wird das Projekt nicht noch mal verschieben. Ab 2017 stehen die Mittel in keinem Fall mehr zur Verfügung.


Michael Panse :
Erfurts Eishalle steht auch ein halbes Jahr leer. Die Nutzung der Arena ist daran geknüpft, dass RWE erfolgreich spielt.

Andreas Trautvetter : Ich halte die Entscheidung für die Arenen für falsch. Mit den 40 Millionen Euro kann man in der Wirtschaftsförderung für Thüringen mehr erreichen.

Bodo Remus , Stadtrat in Erfurt: Warum werden Bürger nicht in die Entscheidung einbezogen?

Matthias Machnig : Wir haben eine klare Entscheidungsstruktur über die Stadträte. Abgesehen davon stimmt das Konzept. Es ist schon jetzt so, dass bei Fußballspielen 48 Prozent der Besucher außerhalb eines Radius von 30 Kilometern kommen. Das lässt eine touristische Förderung zu.

Andreas Bausewein : Ich bin auch für Bürgerentscheide. Aber sechs Wochen vor oder nach der OB-Wahl ist das laut Gesetz nicht gestattet.


Lothar Kaiser, Erfurt:
Bitte sorgen Sie dafür, dass die Stadträte in der nächsten Woche für den Umbau stimmen.


Hermann Saitz, Erfurt:
Sichern Sie zu, dass bis 2017 das Verkehrsnetz neu geordnet ist?


Andreas Bausewein :
Es ist ein Problem, das wir seit 20 Jahren haben. Wir haben Geld für die Vorplanung im Haushalt eingestellt. Dann muss untersucht werden, wie wir Gelder, die wir bisher für das Stadion ausgegeben haben, im Umfeld einsetzen können. Dazu könnten wir im Stadtrat eine Willenserklärung abgeben.


Michael Panse :
Sie könnten diese Summe auch gleich zusichern.

Peter Brückner , Erfurt: Wer von den Herren ist gegen den Stadionumbau?


Andreas Trautvetter :
Niemand, nur sind Förderung und Standort umstritten.

Jörg Kallenbach, Erfurt: Es gibt kein Stadion in Deutschland, das bisher über die Wirtschaftsförderung gefördert wurde? Es gibt keine Stadt, die so ein Risiko eingegangen ist.

Matthias Machnig : Darum gehen wir den Weg über die touristische Nutzung der Arena. Außerdem habe ich noch keinen Vorschlag zur finanziellen Alternative gehört.

Ronald Rychlewski, Gotha: Wie sieht das Betreiberkonzept aus?

Ich möchte nicht, dass wir in zehn Jahren Zustände wie in Dresden haben.

Andreas Bausewein : Die Betreibergesellschaft soll zu 50 Prozent der Stadt und unter 50 Prozent von privaten Betreibern besetzt werden. Im Fußball gehen wir davon aus, dass Rot-Weiß in den nächsten 25 Jahren auch noch in Liga 3 und nicht in der zweiten Liga spielen wird.

Hermann Saitz: Wer kommt für mögliche Verluste auf?

Andreas Bausewein : Die Stadt gibt jetzt 1,4 Millionen Euro pro Jahr für die Betreibung des Stadions hinzu. Unsere Berechnungen sind konservativ. So schließe ich Verluste aus.

Günter Frommen, Erfurt: Warum nutzen wir nicht das Flughafengelände für Stadien?

Matthias Machnig : Das ist kaum möglich. Gerade die Lage der Stadien macht unsere Idee so charmant. Es stimmt aber, dass wir über die Perspektive des Flughafens reden müssen, wenn ab 2017 der Flughafen Leipzig in 28 Minuten erreichbar ist.

Dietmar Grosser: Wann ist Baubeginn?


Matthias Machnig :
Der Förderantrag aus Jena liegt vor. Mit dem Antrag aus Erfurt rechne ich Ende Februar. Dann können wir im April entscheiden und mit der Ausschreibung beginnen. Wenn es schnell geht, können wir noch in diesem Jahr mit dem Bau beginnen.

Notiert von Karsten Jauch, Matthias Thüsing, Björn Lenz, Nicolas Miehlke, Tino Nowitzki / 25.02.12 / TA
DFB-Gutachter halten Erfurter Stadion nicht für zweitligatauglich



Leser unserer Zeitung diskutierten mit Politikern und Sportfunktionären den geplanten Umbau in Erfurt und Jena. Bei einem möglichen Aufstieg von Rot-Weiß wäre dieser sogar unumgänglich.


Erfurt. Für den Fall eines Aufstiegs von Rot-Weiß Erfurt in die zweite Liga müssten sofort umfassende Sanierungen am Steigerwaldstadion vorgenommen werden. So lautet das Fazit von Inspektoren der Deutschen Fußball-Liga (DFL), die in dieser Woche die Spielstätte in der Landeshauptstadt begutachtet haben.

"Bei Aufstiegsaspiranten wie uns finden solche Begehungen routinemäßig statt", sagte der RWE-Präsident Rolf Rombach, "Uns wurde mitgeteilt, dass diese Sportstätte nicht zweitligatauglich ist."

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion unserer Zeitung zum geplanten Stadionneubau forderte Rombach die politischen Entscheidungsträger in Stadt und Land auf, unverzüglich grünes Licht für den Bau zweier Multifunktionsarenen in Erfurt und Jena zu geben. "Wir sind ein mittelständisches Unternehmen. Wir zahlen Millionen an Steuern", betonte Rombach. Während die Stadtverwaltungen von Erfurt und Jena gerne bauen wollen, bleiben die Bedenken aufseiten der CDU-Thüringen weiterhin bestehen.

Der stellvertretende Landesvorsitzende der Union, Andreas Trautvetter , hält es für falsch, ein Stadion nur deshalb als Multifunktionsarena zu errichten, weil es für das angeschlossene Kongresszentrum höhere Fördermittel gebe. Ebenso denkt der Erfurter CDU-Kandidat für das Oberbürgermeisteramt, Michael Panse . Die Risiken einer Fördermittelrückforderung bei Nichterfüllung der Auflagen seien zu hoch.

Als ehemaliger Landtagsabgeordneter mit Wahlkreis in Jena stellte Trautvetter auch die behauptete Notwendigkeit von weiteren Tagungsmöglichkeiten in Jena in Zweifel. "Wenn im Zentrum das Hotel mit seinem großen Kongresssaal nun umgebaut wird, dann doch wohl deshalb, weil es nicht ausgelastet war", so Trautvetter.

Dem widersprach auf dem TA-Forum Rainer Zipfel, Präsident des FC Carl Zeiss Jena. "Als Geschäftsführer eines Entsorgungsbetriebs in der Stadt weiß ich um die fehlenden Tagungskapazitäten."

Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) ist weiterhin willens, für den Neu- und Umbau der beiden Stadien rund 45 Millionen an Fördermitteln bereitzustellen. "Die Debatte, die hier geführt wird, ist zynisch", kritisiert Machnig die CDU.

Seit 20 Jahren sind die Vereine und Kommunen aufgefordert, sich zu einigen, sagt Machnig, ohne dass ernsthafte Angebote gemacht wurden. Nun habe er mit den Kommunen einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, und wieder werde blockiert. Eine Patronatserklärung für den Fall von Verlusten aus dem Betrieb künftiger Multifunktionsarenen abzugeben, lehnt Minister Machnig ab. Eine solche Vollkasko-Mentalität wolle er nicht stützen. Zugleich betonten er und Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD), dass die Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Multifunktionsarena seriös seien. "Wir haben das konservativ gerechnet", so Bausewein.

Der von der Stadt beauftragte Projektentwickler Claus Binz erklärte auf unserem Forum, die Wirtschaftlichkeitsberechnungen hätten sogar schwarze Zahlen für den Fall eines Abstiegs Erfurts in die vierte Liga ergeben. Dies aber nicht zuletzt auch dank der ungewöhnlich hohen Landesförderung von bis zu 90 Prozent.

"Die Leute wollen an besonderen Orten tagen", erklärte Binz. "Ein Stadion ist solch ein Ort." An vergleichbaren Standorten hätten ähnliche Tagungsangebote bereits ihre Akzeptanz gefunden.

Chancen des Projekts

Sicherung des Profifußballs in Erfurt und Jena.
Geringere Finanzbelastung der Städte durch hohe Fördermittel.
Ersparnis beim Betrieb der sanierten Stadien.
Refinanzierbarkeit der städtischen Anteile durch Verwertung der Namensrechte der Stadien.
Mit Stadionumbau in Erfurt könnte auch das Umfeld neu geordnet werden.

Risiken des Projekts

Erfüllung der Föderbedingen ist nicht garantiert.
Erfolgreiche Umsetzung des Betreibermodells ist nicht garantiert.
Erfolg des Stadionbetriebs hängt stark von sportlichen Erfolgen ab.
Es bestehen wegen eines noch fehlendem Bebauungsplans noch planungsrechtliche Risiken.
Andere Stadt-Projekte werden vernachlässigt.

Matthias Thüsing / 25.02.12 / TA
Erfurter Stadtrat entscheidet über Stadionumbau




Die Debatte um die Multifunktionsarena in Erfurt steuert auf einen Höhepunkt zu. Am Mittwoch soll der Stadtrat darüber entscheiden, ob der Fördermittelantrag gestellt wird. Die Arena bietet viele Chancen, im bundesweiten Wettbewerb der Städte am Ball zu bleiben. Aber auch die Risiken sind ernst zu nehmen.

Erfurt. Im Kern ist die Debatte um den Umbau des Stadions in Erfurt mehr als die um ein mehr oder minder großes Bauvorhaben. Es ist auch eine Debatte um die Zukunft der Stadt. Wie wollen wir hier künftig leben, wie soll unser Erfurt aussehen? Modern, weltgewandt, pulsierend und wachsend? Oder vorsichtiger, überschaubar, vertraut - das "gute alte Erfurt"?

Die Entscheidung darüber, ob aus dem ruhmreichen, aber altersschwachen Steigerwaldstadion eine Multifunktionsarena werden soll, kann Erfurt ein gutes Stück voranbringen auf dem Weg zur bemerkenswerten Stimme im Konzert der großen Städte bundesweit. Eine solche Arena kann ausstrahlen, sie kann Menschen anlocken, junge Menschen vor allem, sie kann, wenn sie geschickt vermarktet wird, ein Markenzeichen sein für eine Stadt.

Erfurt bietet beste Voraussetzungen für eine solche Erfolgsgeschichte: zentrale Lage in Deutschland, ein wachsendes ICE- und ein Autobahnkreuz, attraktive Innenstadt, Flair und reiche Geschichte. Die Chance, die Arena zu bauen, ist nicht nur verlockend weil eine solche großzügige Förderung vermutlich nie wieder kommen wird. Sie könnte - bei allen Risiken - auch ein bedeutender Impuls sein für eine gute Zukunft.

Es ist verständlich, dass das Vorhaben bei vielen Menschen Skepsis auslöst. Brauchen wir das, diese laute Vermarktung der Stadt, die grellen Events, noch mehr Glamour, Feier- und Einkaufssüchtige, die unsere gute Stube bevölkern? Das darf und muss man fragen. Denn in den letzten 21 Jahren hat sich hier so vieles so sehr verändert .

Erfurt hat sich nach der Wende prächtig entwickelt. Manches fiel der Stadt in den Schoß. Es wurden Behörden und Betriebe angesiedelt, die Sanierung von Wohngebäuden ist weit fortgeschritten, das Zentrum glänzt mit Einkaufsmöglichkeiten und Kulturangeboten, die Strukturen sind gut sortiert und der Reichtum an Schätzen ist schier überbordend. Dass manche Bürger da erst einmal durchatmen möchten und das Erreichte genießen wollen: verständlich.

Aber wird es auch so bleiben? Der Wettbewerb, in den sich Erfurt seit der Wende begeben hat, ist noch lange nicht zu Ende, eigentlich endet er nie. Die Städte müssen sich immer wieder neu erfinden. Behörden bauen Stellen ab, Betriebe machen zu, Trends verschwinden, neue tauchen auf. Gerade jetzt, wo die Städte wieder in den Fokus rücken, weil der Nachwende-Drang, auf's Land zu ziehen sich umkehrt und die Menschen wieder in die Zentren strömen, muss man sich dieser Entwicklung stellen und fragen: wo wollen wir hin?

So verläuft denn auch die politische Debatte ein Stück entlang dieser Fragen. Der umtriebige Minister Matthias Machnig hat es geschafft, der Stadt auch eine Zukunftsdebatte aufzuzwingen. Es ist ihm nicht nur gelungen, das Thema für die SPD zu besetzen.

Die Kritiker des Vorhabens haben sich auch bereitwillig in die Neinsager-Ecke drängeln lassen, meist mit Rücksicht auf die landespolitische Ebene: sie durften nicht etwas gut finden, was von Machnig kommt. Es ist im Sinne der Stadt erfreulich, dass die Fronten jetzt nicht mehr so scharf verlaufen.

Parteien bewegen sich wieder aufeinander zu

Eine Zustimmung der CDU schien gestern greifbar, die Linken rückten ebenfalls deutlich auf die SPD zu und der OB erschien ebenfalls kompromissbereit. Rechtzeitig zur Debatte scheint sich der politische Pulverdampf zu lichten und sachliche Argumente wieder in den Vordergrund zu rücken. Zum Wohle der Stadt.

Um nicht missverstanden zu werden: Alle geäußerten Argumente sind ehrenwert. Es muss sorgsam abgewogen und höllisch aufgepasst werden, damit Euphorie, Zukunftsgläubigkeit und Gigantismus nicht zu einer schädlichen Entwicklung führen. Aber Populismus à la "Mit dem Geld sollte man besser Kindergärten sanieren" hat hier nichts verloren.

Wird die Arena gebaut, ist dies auch ein Sprung ins kalte Wasser des Wettbewerbs. Der hart umkämpfte Markt um Tagungsgäste, Touristen und Event-Besucher hat vielen Städten in den vergangenen Jahren neue Perspektiven beschert, vor allem solchen, die den Abbau ganzer industrieller Zweige zu erleiden hatten.

Insofern ist die Debatte um das Stadion heilsam und trotz Wahlkampfgetöse eine gute, weil sie andere Fragen mitklärt - solche, die man auch aufgrund der Buga 2021, des laufenden Unesco-Antrags und der Entwicklung der ICE-City stellen muss: Was will und was verträgt diese Stadt?

Die Multifunktionsarena ist dabei ein Angebot, das man nur sehr schwer ablehnen kann, wenn man die Zukunft Erfurts denkt. Denn es bietet hervorragende Chancen. Aber es bleibt die Entscheidung zwischen Spatz in der Hand und Taube auf dem Dach.



Klaus Wuggazer / 29.02.12 / TA
Erfurt: Stadtrat entscheidet über Multifunktionsarena



Erfurt (co) - Am Mittwochabend gegen 21 Uhr wird der Erfurter Stadtrat über den Förderantrag zur geplanten Multifunktionsarena entscheiden. Oberbürgermeister Andreas Bausewein hofft auf eine breite Zustimmung der 51 Stadträte. Doch die wird er nur dann bekommen, wenn vorher dem eingereichten Änderungsantrag der CDU-Fraktion zugestimmt wird. Denn noch können die 11 Stadtratsmitglieder der CDU den Antrag nicht uneingeschränkt mittragen.




Der Änderungsantrag fordert drei Punkte:

# Einen verbindlichen Beschluss zum Umbau der Südeinfahrt parallel zum Bau der Multifunktionsarena.

# Ein Parkkonzept und die Umfeldgestaltung und

# Bürgerbeteiligung zu den zahlreichen Baumaßnahmen um die Arena

„Diese drei Punkte, glauben wir, sind lösbar. Wir werben bei den anderen Fraktionen diese Änderungen mitzutragen, um als CDU-Fraktion - wenngleich auch mit Bedenken - den Weg zum Umbau des Stadions zur Multifunktionsarena mitgehen zu können.", so Michael Panse, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Erfurter Stadtrat. Den erwähnten Bedenken liegt ein vierten Punkt zugrunde, für den es derzeit allerdings keine Lösung gibt: die unbedingte Einhaltung der Förderkriterien und die dauerhafte Auslastung der Arena. „Es handelt sich um die Frage, ob sich dieses Projekt auch in 10, 15 Jahren noch rechnet und beispielsweise einer der großen Nutzer, der FC Rot-Weiß Erfurt, auch in 20 Jahren noch die geforderte Miete bezahlen kann. Und es geht um die Frage, wieviele Veranstaltungen mit touristischen Aspekten in der Multifunktionsarena stattfinden werden. Beides ist momentan höchstschwierig vorauszusagen.", gibt Michael Panse zu Bedenken. Doch genau diese Fragen sind entscheidend, wenn es darum geht, die Kriterien für die Fördersumme von über 20 Millionen Euro einzuhalten. Denn würden die Förderkriterien nicht eingehalten werden, drohen Rückzahlungsforderungen in Millionenhöhe, die dann von den Erfurter Steuerzahlern aufzubringen wären.

Wirtschaftsminister Machnig und Oberbürgermeister Bausewein werben hier um Vertrauen für ihre Prognosen. Diese seien tragfähig und stichhaltig, sagen sie. „Wer um soviel Vertrauen wirbt, muss, wenn das Konzept nicht aufgehen sollte, auch die entsprechenden Erklärungen finden.", sagt Michael Panse. Dennoch wolle er nicht aufgrund seiner Bedenken das komplette Projekt ablehnen. „Für mich sind die drei Punkte unseres Änderungsantrages massgeblich dafür, wie wir abstimmen werden.", sagt Michael Panse abschließend. Damit bleibt es spannend bis zur letzten Minute.

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Große Mehrheit im Erfurter Stadtrat für Stadionumbau




Erfurter Stadtrat beschloss am Mittwochabend den entscheidenden Schritt für die 28,8 Millionen Euro teure Multifunktionsarena. Der Förderantrag beim Land wird gestellt. Der Umbau könnte noch in diesem Jahr beginnen.


Erfurt. Der Erfurter Stadtrat hat am Mittwoch am späten Abend mit großer Mehrheit beschlossen, den Förderantrag für den Umbau des Steigerwaldstadions zur Multifunktionsarena beim Land zu stellen. 10 Abgeordnete der Linken, Grünen und FW stimmten dagegen, 4 enthielten sich, dem gegenüber standen über 30 Ja-Stimmen.

Damit ist nach dem Grundsatzbeschluss des Stadtrats im Juli 2011 ein weiterer großer Schritt zu dem 28,8-Millionen-Euro-Vorhaben getan. Der Antrag soll noch am Donnerstag ins Wirtschaftsministerium gehen, wo bis Mai darüber entschieden wird. Ist diese Hürde genommen, kann die Ausschreibung erfolgen, der Umbau beginnen - laut Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) noch 2012.

Vor dem Rathaus standen vor Beginn der Sitzung gut 200 RWE-Fans und machten ihre Forderung lautstark deutlich: Die Arena soll kommen. Im Rathaus erinnerte OB Bausewein an die vielen Debatten zum Stadion. Nun liege der Antrag vor. "Jeder der dagegen ist, soll Alternativen benennen", sagte Bausewein. Er verwies darauf, dass die Besucherzahlen für die Arena sehr vorsichtig gerechnet seien. "Ja, es ist ein Risiko, aber die Chancen sind deutlich größer. Wir sollten diese Chance nutzen!"

CDU-Fraktionschef Michael Panse nahm für die Kritiker in Anspruch, "berechtigte Fragen zu stellen". Die CDU habe den Grundsatzbeschluss 2011 mitgetragen, viele Fragen seien nun beantwortet. Die CDU fordere die Einbeziehung der Südeinfahrt in die Planungen und ihren Bau bis 2017. Auch müsse die Frage der Parkplätze geklärt werden. Zudem solle man "die Bürger jetzt aktiv einbeziehen".


Einige Fragen noch offen geblieben


Offen bleiben für ihn die Fragen, ob die Fördermittel im Falle des Scheiterns der Arena zurückgezahlt werden müssten und wie sich diese auf die Entwicklung der künftigen ICE-City am Bahnhof auswirken. "Wir geben Ihnen aber Vertrauensvorschuss. Wenn unsere drei Bedingungen erfüllt werden, können wir dem Antrag zustimmen", so Panse. Die geforderten Änderungen wurden mit großer Mehrheit angenommen.

Susanne Hennig sagte für die Linken mit Blick auf die hohe Förderung: "Einem geschenkten Gaul sollte man durchaus ins Maul schauen." Auch sie verwies auf Risiken der Betreibung des Stadions und darauf, dass für das Umfeld weitere rund 10 Millionen Euro nötig seien. Sie forderte erneut, Alternativen zu prüfen, um das Stadion nur für den Sport zu sanieren. Kernforderung der Linken sei aber eine Befragung der Bürger. Die Änderungsvorschläge der Linken wurden abgelehnt.

Für die SPD wies Holger Poppenhäger die Forderung nach einer Patronatserklärung des Landes zurück. Da die Stadt für die Betreibung der Arena verantwortlich sei, könne man nicht das Land für mögliche Probleme dabei haftbar machen. Er räumte ein, dass Parkplätze und Südeinfahrt ins Paket gehörten. Die SPD stimmte geschlossen für den Antrag.

Die Grünen-Fraktionschefin Kathrin Hoyer sagte: "Kein Stadtrat hat sich die Entscheidung heute leicht gemacht." Sie vermisse aber - wie die Linke - belastbare Alternativen wie eine Sanierung des Stadions. Die Risiken wie die Konkurrenz zu anderen Tagungsstätten oder die Gefahr, Fördermittel zurückzahlen zu müssen, müssten abgewogen werden.

In Projektgesellschaft auch Stadträte vertreten


Die Grünen stimmten gespalten: 3 ja, 2 nein. Sie forderten zudem erfolgreich, dass Stadträte in der Projektgesellschaft eingebunden werden.

"Auch ich war zunächst skeptisch, aber das Konzept hat mich überzeugt", sagte Thomas L. Kemmerich für die FDP. Das Stadion sei auch gut für die Leichtathletik.

Ingeborg Aßmann von den Freien Wählern sagte, dass in Erfurt genügend Veranstaltungsorte für jeden Zweck vorhanden seien. Sie bezweifelte, dass genügend Besucher von außerhalb in die Arena kämen. Die Zahlen seien schön gerechnet, ein saniertes Stadion genüge.

Klaus Wuggazer / 29.02.12 / tag
Mythos Steigerwaldstadion: Tradition pur

Von Marcus Toepfer am Freitag, 2. März 2012, 20:16 Uhr



In Erfurt ist es nun beschlossene Sache. Der FC Rot-Weiß Erfurt bekommt eine neue multifunktionale Arena. Ein neues Stück fußballerischer Heimat, wie es die Magdeburger, Hallenser oder Dresdner in den vergangenen Jahren bereits erhalten haben. Doch da wo neue Dingen entstehen, steht auch der Abschied vom Alten an. Dies beinhaltet folglich auch eine Lebewohl vom Steigerwaldstadion in seiner jetzigen Form. Wir wollen daher einen kleinen Blick darauf riskieren, was das „SWS“ so einzigartig macht und wie groß der Schmerz beim Abschied sein dürfte.

Modernisierung als unausweichliche Notwendigkeit

Sicher ist, dass das Stadion im Erfurter Süden für seine bauliche Ästhetik wohl kaum Bestnoten erhalten würde. Nicht von einer unabhängigen Jury und ebenfalls wohl kaum vom rot-weißen Anhang, der sich Woche für Woche zwischen Marathontor, „Block 3“ und Haupttribüne einfindet. Diese Behauptung erklärt sich neben der subjektiven Anschauung wohl hauptsächlich aus dem tatkräftigen Aktionismus des Großteils der RWE-Fans bezüglich der Modernisierung des Stadions. Und eine Modernisierung scheint in jedem Fall mehr unausweichliche Notwendigkeit, denn reine Verwendung übrig gebliebener finanzieller Mittel. Das Steigerwaldstadion in einem kurzen Beschreibungsversuch als weitläufig zu bezeichnen, wäre dabei wohl ein äußerst wohlwollender und sehr diplomatischer Ansatz. Das Problem: Neben den Leichtathleten, die auf der, das Spielfeld umgebenden Laufbahn, um Bestzeiten kämpfen, wurden beim Bau des Stadions auch die Reiter bedacht. Diese erhielten zusätzlich eine Bahn, rund um die Laufbahn der Leichtathleten.

Etliche Baustellen

Erst dann Über den Witz, der besagt, dass es von Vorteil sei, bei Heimspielen des RWE das Fernglas mitzubringen lässt hier kaum noch jemanden mehr als ein müdes Lächeln über die Lippen gehen. Beispielhaft für den Renovierungsbedarf stehen auch die sanitären Anlagen. Diese reduzieren sich im Stehplatzbereich, auf jene kleinen blauen Einmannkabinen aus Plastik, die auf jeder vorübergehenden, zeitlich befristeten Baustelle zu finden sind und bei dem sich intensivere Bemühung um größeren Komfort aus rationalen Gründen verbietet. Auch die vom Stadion getrennt erbaute Geschäftsstelle des Vereins besticht eher unter nostalgischen Gesichtspunkten, denn durch optisch anziehende Argumente. Hinzu kommt, dass an Spieltagen lediglich eigens aufgehängte Planen den Blick von außen auf das Geschehen auf dem Spielfeld vedecken. Und mit dem Auto anreisende Fans, die nicht ein Lied von der Parkplatzproblematik an Spieltagen singen können, werden in Thüringens Landeshauptstadt vergebens gesucht.
Im Ganzen also sicherlich nichts für Sympathisanten moderner Fußballtempel. Das Stadion wirkt wie eine Zusammensetzung einzelner Bauteile und weniger wie ein, in einem Zug entstandenes Bauwerk. Unvollkommen scheint eine treffende Umschreibung für den Gesamteindruck. Die objektive Betrachtung rein architektonischer Argumente ist es also nicht, die diesen Ort im Erfurter Steigerwald so einmalig macht. Nun mag sich mancher Leser dieses Artikels, mit Blick Richtung Titel des selbigen, fragen, wo denn, bei allen beschreiben Baustellen, der Mythos steckt. Was genau ist es denn nun, dass wohl nicht nur RWE Fans trauern lässt, bei dem Gedanken dass hier bald ein zeitgemäßes Stadion entsteht.

Eine wehmütige Hinwendung

Vielleicht ist genau das bisher Beschriebene! Eben die fehlende Perfektion. Auf eine andere Art anders sein wenn man so will. Der Charme des Unvollkommen. Gemischt wird dieser Charme mit einem deutlich wahrnehmbaren Hauch von Nostalgie. Dem Wortursprung nach einer wehmütigen Hinwendung zu einem Ort, in der die Erinnerung oft stark verklärt oder idealisiert wird. Die Erinnerungen an vergangene Spiele und die Helden, die solche hervor brachten. Und all diese Gemäuer, Ecken und Fassaden die eingangs erwähnt wurden, werden Teil dieser wehmütigen Hinwendung. Sie sind somit Bestandteil der gesamten Erinnerung und verschmelzen mit jenen an große Spiele. Die Liste der erwähnenswerten Spiele ist hierbei lang und reicht von den zahlreichen Landesderbys gegen den FC Carl Zeiss Jena und über Länderspiele der DDR-Auswahl bis beinahe ins Hier und Jetzt mit dem legendären DFB-Pokalspiel gegen den FC Bayern München vor einiger Zeit.

„Mitteldeutsche Kampfbahn“

Doch auch bei einem kurzen Seitenblick auf das Sportliche fällt auf, dass die ganz großen Erfolge des Vereins, abgesehen von zwei Meisterschaften in der Mitte der Fünfziger Jahre, ausblieben und somit die These des Charmes des Unvollkommenen unterstreichen. Exemplarisch sei hier das erwähnte Spiel gegen den FC Bayern München im August 2008 genannt, bei dem nach aufopferungsvollem Kampf und einem mitreißendem Spiel am Ende ein 3:4 aus Erfurt Sicht, und somit das Ausscheiden stand. In der Außenwahrnehmung entstand im Laufe der Zeit ein Image des Mittelmaßes. Ein Schicksal, dass in der 3. Liga so wohl einige andere Vereine auch teilen.
Zu dem Reiz, denn das Steigerwaldstadion mit Blick in die Vergangenheit umgibt tragen sicherlich auch die Namen bei, die das Leichtathletik- und Fußballstadion im Laufe seiner Geschichte getragen hat. Im Jahre 1931 als martialisch klingende „Mitteldeutsche Kampfbahn“ eingeweiht, erhielt es später den Namen eines ehemaligen bulgarischen Ministerpräsidenten und hieß fortan Georgij-Dimitroff-Stadion. Ein Name der nur aus seinem Klang an die kommunistische beeinflusste Vergangenheit des Stadions und des Vereins erinnert. Erst 1991 kam das Steigerwaldstadion mittels Volksentscheid zu seinem heutigen Namen.
Bevor wir uns dem abschließendem Fazit nähern sei an dieser Stelle ein positiv hervorstechendes architektonisches Detail doch erwähnt. Bei Dunkelheit sorgen jene Flutlichtmasten, die wahrzeichenähnlich in die Erfurt Skyline ragen und aus dem Stadtbild somit kaum wegzudenken sind, für die unverwechselbare Atmosphäre bei Flutlichtspielen im Steigerwaldstadion. Auch hier trägt jedoch die Erinnerung an deren Vergangenheit zum erwähnten Charme bei. Zahlreiche Verzögerungen beim Bau und der Inbetriebnahme, sowie abgeknickte Masten schaffen eine ereignisreiche, fehlerbehaftete Vergangenheit der vier Stahlgiganten.

Es lebe das Steigerwaldstadion !

Und während ich hier so sitze und versuche zwischen einer journalistischen Sachlichkeit und der gebotenen Objektivität und versuche den Mythos SWS zu beschreiben fällt mir auf, wie sehr mir das Steigerwaldstadion, mit allen seinen Macken und Fehlern, fehlen wird. Oftmals werden solche, nur auf den zweiten Blick, schönen Gegebenheiten ja als Fußballromantik verstanden. Wenn dem so ist, ist das Steigerwaldstadion zweifelsfrei einer der romantischsten Orte, an denen ich je war. Mit dem vielzitiertem lachendem und dem weinenden Auge lässt sich also abschließend festhalten: Machs gut Steigerwaldstadion! Es lebe das Steigerwaldstadion!




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